Donnerstag, 28. März 2024

Gedicht zum Sonntag – Zum Karneval-Fasching

„Schelm von Bergen“ von Heinrich Heine (1797-1856)

Im Schloß zu Düsseldorf am Rhein
wird Mummenschanz gehalten;
da flimmern die Kerzen, da rauscht die Musik,
da tanzen die bunten Gestalten.

Da tanzt die schöne Herzogin,
sie lacht laut auf beständig;
ihr Tänzer ist ein schlanker Fant,
gar höfisch und behendig.

Er trägt eine Maske von schwarzem Samt,
daraus gar freudig blicket
ein Auge wie ein blanker Dolch
halb aus der Scheide gezücket.

Es jubelt die Fastnachtsgeckenschar,
wenn jene vorüberwalzen.
Der Drickes und die Marizzebill
grüßen mit Schnarren und Schnalzen.

Und die Trompeten schmettern drein,
der närrische Brummbaß brummet,
bis endlich der Tanz ein Ende nimmt
und die Musik verstummet.

„Durchlauchtigste Frau, gebt Urlaub mir,
ich muß nach Hause gehen -“
Die Herzogin lacht: „Ich laß dich nicht fort,
bevor ich dein Antlitz gesehen.“

„Durchlauchtigste Frau, gebt Urlaub mir,
mein Anblick bringt Schrecken und Grauen-“
Die Herzogin lacht: „Ich fürchte mich nicht,
ich will dein Antlitz schauen.“

„Durchlauchtigste Frau, gebt Urlaub mir,
der Nacht und dem Tod gehör‘ ich-“
Die Herzogin lacht: „Ich lasse dich nicht,
dein Antlitz zu schauen begehr‘ ich.“

Wohl sträubt sich der Mann mit finsterm
das Weib nicht zähmen kunnt‘ er,
sie riß ihm mit Gewalt
die Maske vom Antlitz herunter.

„Das ist der Scharfrichter von Bergen!“ so schreit
entsetzt die Menge im Saale _
und weichet scheusam — die Herzogin
stürzt fort zu ihrem Gemahle.

Der Herzog ist klug, er tilgte die Schmach
der Gattin auf der Stelle.
Er zog sein blankes Schwert und sprach;
„Knie vor mir nieder, Geselle!

Mit diesem Schwertschlag mach‘ ich dich
jetzt ehrlich und ritterzünftig,
und weil du ein Schelm, so nenne dich
Herr Schelm von Bergen künftig.“

So ward der Henker ein Edelmann
und Ahnherr der Schelme von Bergen.
Ein stolzes Geschlecht! es blühte am Rhein
Jetzt schläft es in steinernen Särgen.

379px-heinrich_heine-oppenheimHeinrich Heine (1797-1856) wurde am 13. Dezember 1797 in Düsseldorf geboren. Er wuchs in einer liberalen jüdischen Familie auf. Nach dem Besuch des Gymnasiums, das Heine 1814 ohne Matura verlassen hatte, begann er zunächst eine Banklehre in Frankfurt. Danach wechselte er nach Hamburg. 1819 begann er ein Studium der Rechtswissenschaften in Göttingen, das er aber 1821 wegen einer Duellaffäre niederlegen musste. Heine zog nach Berlin, wo er von 1821 bis 1823 u.a. bei Georg Wilhelm Friedrich Hegel (1770-1831) studierte. Er war regelmäßig zu Gast bei den literarischen Zirkeln der Stadt. 1824 wurde Heines wohl bekanntestes Werk veröffentlicht, die „Loreley“. 1825 schloss Heine sein Studium der Rechtswissenschaften mit einer Promotion in Göttingen ab. Im selben Jahr war er zum protestantischen Glauben konvertiert, da er hoffte, auf diese Weise bessere berufliche Möglichkeiten zu erhalten. Später bedauerte Heine mehrfach die Konvertierung. 1826 veröffentlichte er im Verlag Hoffmann und Campe den Reisebericht seiner Harzreise. Ein Jahr später, 1827, folgte der Lyrikband „Das Buch der Lieder“. 1831 begab sich Heine nach Paris. Seine Werke wurden in der Folgezeit verboten, so dass der Dichter im Exil blieb. Ab 1832 war er als Pariser Korrespondent der Augsburger Allgemeinen Zeitung tätig. In der Zeit entstand eine Fülle politischer Artikel, Essays, Gedichte und Prosawerke. In der Mitte der 40er veröffentlichte eines seiner bekanntesten Werke, zu dem er nach seiner ersten Deutschlandreise angeregt worden war, „Ein Wintermärchen“. 1844 verfasste er „Die schlesischen Weber“; das Gedicht wurde vom Staat Preußen verboten. 1848 erlitt Heine einen Zusammenbruch. Seine letzten Lebensjahre verbrachte der Dichter nahezu vollständig gelähmt ans Bett gefesselt. Seine Verse und Schriften diktierte er einem Sekretär.

Heinrich Heine starb am 17. Februar 1856. Er wurde auf dem Friedhof Montmartre in Paris bestattet.

Quelle: Britta Dörre, zenit.org

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