Freitag, 29. März 2024

Filmkritik:"La La Land"

Von Dr. José Garcia

Einst fegten Ginger Rogers und Fred Astaire übers Parkett. Auf ihre neun gemeinsamen Filme in den dreißiger und vierziger Jahren folgte im Musical-Fach Gene Kelly Anfang der 1950er Jahre mit „Ein Amerikaner in Paris“ (1951) und „Singin? in the Rain“ („Du sollst mein Glücksstern sein“, 1952). Auch in den sechziger Jahren erfreute sich das Genre großer Beliebtheit: „West Side Story“ (1961), „Mary Poppins“ (1964), „The Sound of Musik“ („Meine Lieder, meine Träume“, 1965), „Das Dschungelbuch“ (1967) und „Oliver!“ (1968) zeugen davon. Dann wurde es mit Ausnahmen, etwa „Grease“ (1978), allerdings ruhig um dieses Filmgenre. Erst ab den 1990er Jahren gab es Versuche, das Genre wiederzubeleben: Auf die Musical-Hommage „Alle Sagen: I Love You“ (Woody Allen, 1994) folgten dann im neuen Jahrhundert etwa „Mamma Mia!“ (Phyllida Lloyd, 2008) und „Les Miserables“ (Tom Hooper, 2012).

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Der bei dem Filmfestival in Venedig uraufgeführte und nun im regulären Kinoprogramm anlaufende „La La Land“ erinnert in seiner Anlage eher an die klassischen Hollywood-Musicals mit Fred Astaire und Ginger Rogers als an die letzten Musical-Erweckungsversuche. Bereits zu Beginn etabliert eine minutenlange, perfekt choreografierte Gesangs- und Tanzszene das inszenatorische Niveau des Spielfilms von Drehbuchautor und Regisseur Damien Chazelle, der gleich mit seiner zweiten Regiearbeit „Whiplash“ (2014) vor zwei Jahren drei Oscars gewann. Die Tanzszene entwickelt sich aus einem Stau auf einer Zufahrtsstraße von Los Angeles. Die Cinemascope-Kamera von Linus Sandgren umkreist ständig die aus Autos aussteigenden Menschen, die in einer Art Flash Mob zu tanzen anfangen — begleitet von einer Band, die sich auf einem Lastwagen befindet.


In diesem Stau begegnen sich zum ersten Mal Sebastian (Ryan Gosling) und Mia (Emma Stone). Doch diese erste Begegnung bleibt folgenlos. Denn die beiden hängen ihren nahezu unerreichbaren Träumen nach: Sebastian versucht, Menschen des 21. Jahrhunderts für traditionellen Jazz zu begeistern. Aber seinen Lebensunterhalt muss er sich mit anderer Musik verdienen, für die er nichts übrig hat. Mia verfolgt wie so viele junge Frauen auch eine Schauspiel-Karriere. Nur wird sie leider immer wieder unterbrochen, wenn sie zu einem Vorspiel eingeladen wird. Mia und Sebastian werden von einer Idee von Hollywood angezogen, die realitätsfern erscheinen mag — bis sie die Realität wieder einholt.

Irgendwann einmal kommen sich die beiden Träumenden jedoch näher: Nach einem Kinobesuch, in dem sie sich „… denn sie wissen nicht, was sie tun“ („Rebel Without a Cause“, 1955) anschauen, fahren sie zum selben Planetarium im Griffith Park, das sie gerade im Film gesehen haben. Hier entdecken sie bei einer wunderschönen Tanzszene die Liebe zueinander. „La La Land“ scheint sich zu einer echten Hollywood-Romanze zu entwickeln. Zwar verlieben sich Mia und Sebastian schnell ineinander. Aber ihre Beziehung steht von Anfang an unter dem Damoklesschwert des harten, vom Konkurrenzkampf geprägten Showbusiness in Los Angeles. Gerade der Erfolg, den sowohl Mia als auch Sebastian erreichen, stellt ihre Beziehung auf eine schwierige Probe. Mia schafft es endlich, ihr eigenes Theaterstück aufzuführen. Sebastian bekommt wiederum ein Engagement bei einer Band. Dafür muss er allerdings auf Tour, und das bedeutet: monatelange Abwesenheit.

Äußerlich lehnt sich „La La Land“ an klassische Hollywood-Musicals an. Die satten Technicolor-Farben — für die etwa die Kostüme von Mia und ihren drei Freundinnen in gelb, grün, rot und blau stellvertretend stehen mögen —, die von Mandy Moore choreografierten Tanzeinlagen und die beschwingte Filmmusik von Justin Hurwitz zusammen mit dem hervorragenden Schnitt von Tom Cross schaffen eine Anmutung, die eine stilvolle-klassische Eleganz ausstrahlt. Die sympathisch wirkenden Schauspieler, die zu der ersten Riege unter den jüngeren Darstellern Hollywoods gehören, stellen darüber hinaus ihre Gesangs- und Musikkünste unter Beweis.

Obwohl Damien Chazelle ein alternatives Ende anzubieten scheint, gibt der Regisseur „La La Land“ insofern einen modern-desillusionierten Anstrich, als in Zeiten des Leistungsdrucks die Liebe auf der Strecke bleibt. Für den, der im harten Showbusiness eine Karriere verfolgt, bleibt das private Glück eine zwar schöne, aber letztlich unerreichbare Illusion.

„La La Land“ wird zurzeit als heißer Oscar-Kandidat gehandelt. Von Kritikern hochgejubelt, hat der Film in den Vereinigten Staaten im ersten Monat etwas mehr als 40 Millionen Dollar eingenommen. In der Tat ist „La La Land“ ein schön choreografiertes, buntes und aufsehenerregendes Tanzspektakel. Das Drehbuch nimmt sich hingegen kaum originell aus. Bereits die Einteilung nach Jahreszeiten erinnert allzu sehr an Woody Allens „Alle Sagen: I Love You“. Und die wohl schönste Szene in „La La Land“, als Mia und Sebastian tanzend über dem Boden des Planetariums schweben, kopiert das schwebende Tanzen von Goldie Hawn am Seine-Ufer in demselben Woody-Allen-Film. Ganz zu schweigen davon, dass das Drehbuch mit seinem „realistischen“ Ende, das einen zynischen Beigeschmack hinterlässt, eine Neuauflage des letzten Films des New Yorker Meisterregisseurs „Café Society“ zu sein scheint. „La La Land“ erweist sich als melancholischer Film mit einem äußerlich nostalgischen Flair. Obwohl der Schluss eine gewisse Ergebenheit in ein vermeintlich unabwendbares Schicksal verspürt, hinterlassen die schönen Träume, die über weite Strecken dominieren, den Zuschauer nicht ohne Hoffnung.

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Filmische Qualität:    4/5 Sterne
Regie: Damien Chazelle
Darsteller: Ryan Gosling, Emma Stone, J. K. Simmons, John Legend
Land, Jahr: USA 2016
Laufzeit: 128 Minuten
Genre:
Publikum: ab 12 Jahren
Einschränkungen:
im Kino: 1/2017

Quelle: http://www.textezumfilm.de

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