Donnerstag, 28. März 2024

Säkulare Religion

Modernen Wallfahrtsorte wie New York City, London, Berlin, Chicago, Los Angeles, Paris oder Shanghai sind fromme Kultstätten – wieso fromm? Nehmen wir die Inhalte ohne deren Ziel – Gott – so bleiben Ehrfurcht und sich wiederholende Kulttätigkeiten. In einer Großstadt wie New York City, besonders im Stadtteil Manhattan, kann man sehr große Ehrfurcht vor den Skyscrapern, den Hochhäusern der Stadt, die jeden Kirchturm lächerlich erbärmlich wirken lassen, entwickeln. Doch nicht nur das, die ganze Stadt und ihr Lifestyle sind für viele das Mekka des Westens, voller Bewunderung vor der Größe und den Möglichkeiten dieser Stadt kommt sich der kleine Mensch ganz demütig vor.

Nicht unfrommes Verhalten verlangt der Times Square, der ewig lichtdurchflutete, allerheiligste Platz New Yorks ab, die Wallfahrtsstätte für Silvester. Hier ritualisiert sich wiederkehrend der Jahreswechsel. Auch zelebriert man das säkulare Ostern beim Einkauf in der 5th Avenue, bei der das Geld in Gütern aufersteht. Liturgisch kleidet man sich entsprechend der Jahreszeiten und den modischen Kalenderzeitschriften. „How I met your mother“, „Sex and the City“ und andere Säkulardienste predigen wie man zu leben hat, der fromme Säkularist hält sich dran. Statt Glockenschlag gibt es Autohupen, statt Weihrauch Abgase, nicht Te Deum sondern te ipsum.

Allenthalben werden säkulare Glaubensbekenntnisse gepredigt und aus Gruppendynamik oder Mainstreamsog gelebt: #yolo,you only live once, genieß dein Leben, tob dich aus, nimm dir alles, mein Wohl ersetzt Gemeinwohl. Sexerfahrungen sind die säkulare Kommunion, die besonders fromme Säkularisten ebenfalls täglich haben wollen, wohlgemerkt, nicht als Gnadenmittel, nein, man holt sich was man will. Statt Reliquienfrömmigkeit wird das neue Kleid von Dolce & Gabbana  oder der neue Flachbildschirm zum Kultobjekt. Leistung wird angebetet als Befreiung aus der Sünde. Ach ja – Sünde, die gibt es auch.

Säkulare Sünder – pecunia te absolvit

Sünder ist jemand, der abgesondert vom kultischen und gesellschaftlichen Leben ist. Im Säkularen sind das die Armen und Unansehnlichen, die die nicht mithalten können mit der säkularen Frömmigkeit. Sie leben nicht in den Reichenvierteln, kaufen nicht in der 5th Avenue ein, sondern sind ausgeschlossen am Rande der Stadt, moderne Leprakranke, meist ohne säkulare Taufe, also einem Collegeabschluss, im Zustand der säkularen Todsünde, arm, unschön und bildungsfern leben sie ungebraucht vor sich hin. Wie können sie noch gerettet werden? Das Wort Jesu: „Für Menschen ist das unmöglich, für Gott aber ist alles möglich.“ (Mt. 19,26), kehrt sich ins Gegenteil: nicht die Reichen, sondern die Armen sind diejenigen, die im Säkularen eher durch ein Nadelöhr, als in das Reich Manhattans eingehen.

Geld ist die Lossprechung aus dem Elend, die Erlösung, die Loslösung vom Leiden – so scheint es zumindest im säkularen Kult. BWL und VWL ersetzen Theologie und Philosophie.  Geld, Frauen, Kokain – und die Gottesfrage scheint erledigt. Wer braucht einen gnädigen Gott auf der säkularen Siegerseite?

Die dunkle Schattenseite

Man kann im Säkularen fromm sein. Wenn Hochhäuser, Central Park und Smartphone nicht ausreichen, so kann man immer noch staunend vor der Größe des Universums stehen, Yoga machen oder irgendwas mit Esoterik. Die Wiederholung schafft Kontinuität. Zur Not geht auch Wellness im Spa. Dennoch bleibt im säkularen Gedeihen letztlich die Verwelkung unausweichlich. Der Sarg, die Urne oder die Salzlake haben das letzte Wort. Man kann so leben – wenn man auf der richtigen Seite steht, mag man auch eine Zeit lang glücklich sein. Doch am Ende stehen immer Hoffnungslosigkeit und Tod.

Dem Skandal des Todes kann man nicht entgehen, mögen die Häuser auch in den Himmel ragen. Am Ende bleibt doch dunkle, finstere Nacht. Es wird weder für die Gescheiterten noch für die Davongekommenen Gerechtigkeit geben. Leben im Sehnsuchtswiderspruch. Wie geht man damit um? Die Zeit wird aufklären, wie tragend und langfristig der säkulare Trend ist.

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