Donnerstag, 28. März 2024

Auf den Hut gekommen

Ein Aufruf zur modischen Waghalsigkeit von Franziska Holzfurtner 

Was vor 50, 60 Jahren noch ganz normal war, zieht heute die Aufmerksamkeit positive wie negative – auf sich. Nur noch hartgesottene Fashionistas (und ich) trauen sich mit diesem exaltierten Kleidungsstück auf die Straße: der Hut. Für mich hat er das Zeug zum selbstbewussten Statement der katholischen Frau.

Meine Liebe zum Hut wurde schon früh geweckt. Meine Großmutter besaß wie die meisten älteren Damen eine ausgedehnte Kollektion. Ein Modell nach dem anderen wanderte auf meinen noch etwas zu kleinen Kopf. Ich gefiel mir in ihnen allen und meine Großmutter konstatierte zufrieden, ich habe ein Hutgesicht.

Als zerknirschter Teenager mit „auch-schon-wurst“-Attitüde und einer abgrundtiefen Abneigung gegen alles Weibliche und Auffällige erkaltete meine Liebe zum Hut.

Was mich wieder auf den Hut gebracht hat, war meine wissenschaftliche Beschäftigung mit dem Islam.

Vom Kopftuch zum Hut

Ich schrieb damals eine Arbeit, welche den Titel „Bekleidungspolitik junger Muslimas in Europa“ trug. Dafür wühlte ich mich durch dutzende sogenannter „Hijab-Tutorials“ (sprich: „Hiedschab“) auf Youtube. Hijab ist der muslimische Begriff für einen keuschen Bekleidungsstil, ist aber schon längst als totum pro parte als Bezeichnung für das Kopftuch im Speziellen gebräuchlich. In diesen Dingern steckt ein ungeahntes Maß an Arbeit, sie werden abgestimmt auf den Rest der Kleidung, den Anlass und die Stimmung, dekoriert mit Stoffblumen, Broschen, Spitzen- und Flechtbändern, sie werden aufgepolstert, geknotet, gesteckt, sorgsam in Falten gelegt. Ich war begeistert, hineingezogen in diese Ästhetik. Die türkische Oma mit dem einfach geknoteten grau-beigen Tuch ist passé. Diese jungen Frauen empfinden teilweise ihre Verhüllung sogar als feministisch. Auch, wenn ich der Argumentation folgen kann, sehe ich da allerdings einen gewissen Diskussionsbedarf.

Der feministische Wert des Hijab hat für mich das ein oder andere Wenn und Aber. Was diese Form der Verhüllung aber definitiv ist, ist eine doppelte Provokation: Zum einen gegen den als Entkleidungszwang empfundenen modischen Anspruch der westlichen Umgebung, zum anderen gegenüber der religiösen, politischen, wirtschaftlichen und sozialen Einschränkung von Frauen in einem traditionellen muslimischen Umfeld, in dessen Augen der Hijab selbstverständlich nicht für die modische Selbstdarstellung gedacht ist. „Nein“, sagt die Hijabista zu beidem, dem Enthüllungs- wie dem Verhüllungssexismus und sieht, obwohl sie züchtig bedeckt ist, einfach umwerfend aus. Der Hijab in dieser aktualisierten Form ist auf dem Weg, zum Zeichen eines neuen, selbstbewussten, religiös mündigen weiblichen Islam zu werden

Auch als Katholikin, gerade in einer durchsäkularisierten pluralistischen Großstadt, bekommt man gelegentlich Distinktionsgelüste. Man möchte herausschreien, dass man nicht den Mitmenschen gehört, sondern einem Höheren, dass man mit sich und der Gesellschaft kämpft, dass man nicht nur einfach vor sich hin lebt. Aber über ein visuelles Statement wie den Hijab verfügt die katholische Frau leider nicht. Sie geht auf in der wurstigen, unbetuchten Allgemeinheit.

Aber halt, war da nicht was?

Hüte haben mehr zu bieten als drei Ecken

Die christliche Frau hat eine traditionelle Kopfbedeckung, die flexibel, vielseitig und aufregend ist. Die Rede ist vom Hut. Elegant-raumgreifend oder neckisch-reduziert kommt er daher, schwingend oder steif, in allen Farben des Regenbogens, passend zu jedem Stil und Gesicht. Will sie burschikos und cool wirken, greift die Frau zum Stetson, brennt die Sonne, dient ihr ein breitkrempiger Sonnenhut mit luftigen Bändern. Topfhüte im Stil der Zwanziger unterstreichen einen romantischen Wintermantel und so gut wie jede misslungene Frisur verschwindet unter einem Turban à la Liz Taylor. Ist die Frisur nicht misslungen, gibt der Hut den Blick auf eine perfekt auf ihn abgestimmte Haartracht frei und hat man gerade keine Lust auf eine Frisur, dann kaschiert der Hut das mit größter Effektivität.

Nebenbei ist ein Hut außerdem eine der besten Anti-Aging-Methoden überhaupt, da er vor den für Hautalterung verantwortlichen Sonnenstrahlen schützt. Wer einen Hut trägt, wird also nicht knackig braun, dafür sieht die noble Blässe unter dem tragbaren Schattenspender auch noch mit 50 und 60 Jahren jugendlich frisch aus.

Wir haben den Hut an den Nagel gehängt

Erst seit ich regelmäßig Hüte trage, bemerke ich, dass andere es fast gar nicht mehr tun. Gemeinsam mit BHs, Strapsstrümpfen, Miedern, Sommerhandschuhen und Fächern ist dem Damenhut der Ruf angewachsen, zu einem muffigen, sexistischen und unterdrückerischen Frauenbild zu gehören. Viele moderne Frauen scheuen vor diesen Kleidungsstücken daher zurück, selbst, wenn sie für sie von großem Vorteil sein könnten.

Es gibt im Wortsinne keinen Platz mehr in unserer Gesellschaft für den Hut. Keine Ablage im Restaurant, auf der im Auto wackelt ein Plastikdackel mit dem Kopf und im Flugzeug darf man nur ein Gepäckstück aufgeben – meine getreuen Hüte reisen somit akut knautschgefährdet im Koffer, unwürdig mit Socken ausgestopft. Hutschachteln, besonders Reisemodelle, sind beinahe unmöglich zu beschaffen. Im Zug werfen Mitfahrende achtlos ihr Gepäck darauf, in die Spinde von Schwimmbädern, Gymnastikstudios und Bibliotheken passen ausladendere Exemplare nicht, ja sogar im Theater oder Konzert landen Hüte an der Garderobe gelegentlich am Boden. Für das Aufhängen von Hüten ist der Platz zwischen den Kleiderhaken nicht ausreichend.

Behalte ich den Hut in geschlossenen Räumen auf, was für eine Dame eigentlich ein normales Verhalten ist, ernte ich komische Blicke. In der Uni sitzt mein Hut neben mir. Um es ein wenig zuzuspitzen: Der Hut ist inzwischen geradezu das Symbol des Aus-der-Gesellschaft-Gefallenen. Deshalb versuchen die Hipster ja auch seit Jahren, ihn – natürlich nur unter dem sozialen Schutzschild der Ironie – wieder schick zu machen und scheitern krachend, weil ihnen die Selbstverständlichkeit fehlt. Die Fähigkeit, einen Hut zu tragen, als wäre es das Normalste von der Welt, muss jahrelang wieder eingeübt werden.

Der Hut als Symbol einer katholisch-weiblichen Identität

Vielleicht übertreibe ich ja ein wenig. Aber besuchen Sie einmal Rom oder Jerusalem und sehen Sie, wie selbstverständlich Männer mit Basecaps in der Grabeskirche und im Petersdom herumlatschen, während die meisten nicht süd- oder osteuropäischen katholischen und evangelischen Frauen nicht im Traum auf die Idee kommen, ihr Haupt zu bedecken. Ich kann nachvollziehen, dass das Kopftuch irgendwie aus unserem modischen Repertoire gerutscht ist (obwohl es lange Teil sowohl der christlichen als auch der jüdischen Kultur Europas war), dass wir uns damit verkleidet fühlen würden. Aber dafür gibt es Kappen, Mützen, Hüte, Turbane.

Ich beziehe mich nicht einmal nur auf die Bibel, die Frauen in etwas barschem Tonfall darauf hinweist, sie würden sich ohne Kopfbedeckung beim Gebet entehren. Ich beziehe mich auch darauf, dass man nicht einmal ohne Hut zu einer Windsor-Hochzeit gehen kann. Wir sehen diese Bilder in den Hochglanzmagazinen, aber die Damen – und nicht nur die mit den Geweih- und Kloschüsselmodellen – wirken auf uns, als trügen sie Faschingskostüme. Dabei war das Tragen von Hüten über hunderte von Jahren hinweg Teil der Bekleidungskultur europäischer Frauen.

Und wir können das nutzen. Genau wie das muslimische Kopftuch ist der Hut ein vielfältiges Symbol. Da wäre die Geborgenheit und der Schutz, den ein Hut spendet, das „Behütet“-Sein. Da ist aber auch die Unterwerfung, die freiwillige wie die unfreiwillige. Der Hut hat als Statement natürlich etwas mit der wirtschaftlichen, sexuellen, politischen und liturgischen Marginalisierung der Frau zu tun , mit der wir teils erfolgreich aufgeräumt haben, teils immer noch ringen, aber er ist auch ein offenes Statement zur Kirche, zum Katholizismus und dessen Traditionen genauso wie zu einem expressiven weiblichen Selbstbewusstsein. Der Hut ist so zwiespältig, mehrdeutig und aufregend wie die Rolle, die katholische Frauen innerhalb wie außerhalb der Kirche heute eingenommen haben. Ja, der Hut hat sogar dadurch gewonnen, dass er keine Pflicht mehr ist, sondern eine Wahl. Dadurch hat er das Potential zum Bekenntnis. Weil er aber einmal Pflicht war, könnte er auch Ausdruck unserer Kontinuität zu unseren Vorfahrinnern, eine Mahnung und ein Zeichen der Solidarität mit anderen Frauen werden.

Die gezielte Entscheidung zum Hut als Politikum ist bisher nur meine private Verschrobenheit. Aber ich träume.

Davon, dass wir eine moderne, gebildete, weltoffene, lebensfrohe und wahrhaft katholische weibliche Identität finden können. Und einen wahrhaft katholischen Look.

14 Kommentare

  1. Eine „complexio oppositorum“ schließt tatsächlich eine spezielle katholische Kleidung aus – das nur am Rande. Eigentlich jedenfalls.
    Und deswegen kannte die gesunde katholische Zeit so etwas auch nicht. Erst die Anforderung, sich durch „Trachten“ von der protestantischen Bevölkerung zu unterscheiden (ein Wahn!), hat solche Spleens auf den Plan gerufen, wie überhaupt die Trachten bei uns die Segregation der „Untertanen“ von den Feudalherren erzwingen wollte. Adlige zogen an, was ihnen passte… auch die katholischen. Unsere Trachten sind zwar geschmackvoll gestaltet, aber eben doch nichts anderes als eine Uniform für Untergeordnete. Bis ins hohe Mittelalter gab es das in dieser Engführung nicht. Von wegen complexio oppositorum…

    So ist im übrigen auch das islamische Kopftuch ein postmoderner Spleen. Der Koran fordert es nicht ausdrücklich, sondern nur eine anständige Bedeckung der Frau, die in vielen islamischen Gegenden nicht hinsichtlich einen Kopftuchs verstanden worden ist. Man sehe sich nur einmal an, wie unterschiedlich die islamischen Völker ursprünglich gekleidet waren. Eine solche Uiform für Frauen, wie wir sie jetzt sehen, ist Zeichen der Degeneration und Veroberflächlichung.

    Es hat etwas Degoutantes, wenn eine Religion aufgrund eines Kleidungsstückes zum Stein des Anstoßes werden will.

    Wir sollen durch die Liebe und durch unseren Freimut und unsere Wahrheitsliebe Anstoß erregen.

    • War der eine Harnack-Satz denn wirklich schon bei „Weltherrschaft“ zu Ende; da wo Sie sofort zubeißen?
      Mentale Kurzatmigkeit? Schapp-Atmung? Also – liebste zeitschnur – „bei ruhiger Reflexion“, einfach auch mal weiterlesen, weiterdenken; es zumindest versuchen. (Auch wenn´s jetzt eben komplex wird.)
      Versuchen wir den zweiten Teil dieses Satzes doch einmal gemeinsam zu lesen. Ich bin in Gedanken jetzt ganz bei Ihnen. Sie sind nicht allein mit dem Protestanten Harnack.
      Also! Der Harnack-Satz geht weiter mit: „…und die Kirche, in welcher eine höchst individuelle, zarte, sublimierte Sünden- und Gnadenempfindung und -Lehre in Wirksamkeit gesetzt wird.“

      Sehen Sie, diese zweite Hälfte des Satzes spricht von der anderen Seiten der complexio oppositorum (oppositorum natürlich mit 2p). Das war doch jetzt gar nicht so schwer und auch gar nicht so schwer verständlich. Und weil Sie sich so schön auf dieses langsamere Lesen und Verstehen eingelassen haben, bekommen Sie die nachfolgenden Harnack-Sätze jetzt auch noch von mir – geschenkt.
      Aber bitte! Nicht wieder sofort beim 2. Wort sich festbeißen, auch wenn´s für Sie naheliegt. Versprochen? Also: „Das Äußerlichste und das Innerlichste sollen sich verbinden! Ganz aufrichtig konnte dies von Anfang an nicht geschehen; die innere Spannung und der Widerstreit mußten sofort beginnen; die Geschichte des abendländischen Katholizismus ist von ihm erfüllt. Aber bis zu einem gewissen Grade sind die Gegensätze vereinbar, wenigstens in denselben Menschen vereinbar. Das bezeugt kein Geringerer als Augustin selbst…“

  2. eine Zeitschnur, deren Gedächtnis nicht weit reicht, hat bestimmt auch eine Schublade für Adolf von Harnack, der sich – vor Carl Schmitt – wie folgt äußerte: „So ist die erstaunliche „complexio oppositorum“ im abendländischen Katholizismus entstanden: die Kirche des Ritus, des Rechts, der Politik, der Weltherrschaft, und die Kirche, in welcher eine höchst individuelle, zarte, sublimierte Sünden- und Gnadenempfindung und -Lehre in Wirksamkeit gesetzt wird.“

    • Haha köstlich – das wird ja immer besser: Harnack, ausgerechnet! Na und? Er beschreibt als Protestant etwas, aber was beschreibt er wohl?

      Beschreibt er das depositum fidei? Beschreibt er Dogmen an dieser Stelle?
      Nein!
      Er beschreibt eben gerade jene verweltlichte Versessenheit aufs Herrschen, die eben auch – leider und entgegen dem, was Jesus uns hinterlassen und vorgelebt hat – ins Machthandeln der Kirche integrierte, ja das schon.

      Aber vielleicht gelingt es Ihnen bei ruhiger Reflexion den Unterschied zwischen diesem problematischen Machtanspruch mit all seinen finsteren Konsequnezen und dem, was ein Katholik zu glauben hat, zu unterscheiden.

      Anders: bei Harnack ist die complexio oppositorum gewissermaßen auf dem Zenit der weltlichen Macht das Merkmal.

      Nun umfasste aber der Herr – vorsicht: ich bin so biblizistisch, dass ich auf Ihn nicht verzichten will – nicht die Gegensätze.

      Von Ihm heißt es in der Prophetie Simeons gegenüber Maria, er werde die Geister scheiden.

      Jeder hier muss sich eben fragen, wer sein Herr ist. Es gibt da nur den einen oder eben… den anderen.

    • War der eine Harnack-Satz denn wirklich schon bei „Weltherrschaft“ zu Ende; da wo Sie sofort zubeißen? Mentale Kurzatmigkeit? Schapp-Atmung?
      Also – verehrte zeitschnur – „bei ruhiger Reflexion“, einfach auch mal weiterlesen, weiterdenken; es zumindest versuchen. (Auch wenn´s dann eben komplex wird.)

      Versuchen wir es „ruhig“ mal zu zweit: Ich bin in Gedanken jetzt ganz bei Ihnen; sie sind nicht allein mit dem Protestanten Harnack. Also! Der Harnack-Satz geht weiter mit: „…und die Kirche, in welcher eine höchst individuelle, zarte, sublimierte Sünden- und Gnadenempfindung und -Lehre in Wirksamkeit gesetzt wird.“
      Sehen Sie, diese zweite Hälfte des Satzes spricht von der anderen Seite der complexio oppositorum (oppositorum natürlich mit 2p). Das war doch gar nicht so schwer. Und weil Sie sich so schön auf dieses gemeinsame, langsamere Lesen eingelassen haben, bekommen Sie die nachfolgenden Harnack-Sätze jetzt auch noch von mir.
      Aber bitte, nicht wieder sofort beim 2. Wort sich festbeißen, auch wenn´s für Sie naheliegt. Versprochen? Also – Harnack schreibt weiter: „Das Äußerlichste und das Innerlichste sollen sich verbinden! Ganz aufrichtig konnte dies von Anfang an nicht geschehen; die innere Spannung und der Widerstreit mußten sofort beginnen; die Geschichte des abendländischen Katholizismus ist von ihm erfüllt. Aber bis zu einem gewissen Grade sind die Gegensätze vereinbar, wenigstens in denselben Menschen vereinbar. Das bezeugt kein Geringerer als Augustin selbst…“

    • Individuell gibt es eine Verbindung von Innen und Außen, sehr wohl, aber nicht als katholische „Masche“. Das Innen des Gewissens (von dem ich übrigens in der petrinischen Formel vom „homo cordis“ oben längst sprach…das haben Sie in der Erregung vermutlich nicht gesehen) muss keine Korrelation zu einem herrscherlichen Außen haben. Vergessen wir doch nicht, dass das Außen des Herrn das Kreuz war. Das Innen des Gewissens findet eine persönliche Außengestalt – keine allgemeine. Die Innerlichkeit der Kirche als mystischem Leib Christi findet ein äußerliches Gewand in den Riten, der „homo cordis“ der ganzen Kirche ist aber ein Geheimnis, ein Mysterium, das niemand ins Außen bannen kann. Alles andere jenseits der Riten aber ist beiläufig, korreliert zwar nicht zufällig, aber nicht zwingend so und nur so, ist und bleibt irdische Beimischung ohne Verheißung.
      Wird eine solche historische, ästhetische und soziale Beimischung verabsolutiert, nimmt das sogar glaubensfeindliche Züge an, weil das katholische Pharisäertum dazu neigte, wie auch das jüdische es schon tat, das Innen vollständig durch das Außen zu ersetzen oder wenigstens zu be-setzen. Uns wäre das Elend der aktuellen Krise erspart geblieben, hätte die Kirche nicht mit der Rennaissance die ganze Neuzeit hindurch in immer heftigeren Krampf-Anfällen so vehement und immer vehementer in ihrem versteinerten Außen den Zugriff auf das gottgeweihte Innen erzwingen wollen.

      Zu Ihrem Diskursstil:
      Er ist sprungbereit hasserfüllt und hämisch, sobald ich mich äußere.
      Das zeugt nicht nur von wenig Reife, sondern auch von mangelndem Anstand und Glaubenstiefe vermag da kaum mehr anzunehmen. Da nützen leider auch Hüte nichts. Hier wäre vielleicht erst mal ein Mundschleier angebracht.

      Die Diskussion mit Ihnen ist damit beendet, was immer Sie nun noch nachhusten werden.

    • Vielleicht bin ich ja nur die „verlorene Tochter“, die maximale Distanz hält zur tobenden, differenzverweigernden, ambivalenzfeindlichen Schwester, die möglichst alle im Vaterhaus einsperren möchte, während ER mir schon in Liebe entgegenkommt.

  3. Wir haben derzeit wirklich andere Probleme, als über Hüte als angeblich katholische Kleidung zu reden.
    Erstens gibt es nach der Lehre keine spezielle katholische Kleidung (Gott sei Dank!), und zweitens brauchen wir keine und drittens sollten wir auch keine haben.
    Das NT sagt es uns bald auf jeder Seite: der inwendige Mensch, der „homo cordis“, soll sich sorgsam kleiden mit einem geistigen Gewand. Insbesondere der Frau wird das gesagt – und die Beschäftigung mit Kopfbedeckungen und den Haaren soll die Frau unterlassen, weil sie heidnisch und einer Frau nicht würdig ist. Tut mir leid, aber das schreibt etwa Petrus (1. Petrus 3, 3)

    „Nicht auf äußeren Schmuck sollt ihr Wert legen, auf Haartracht, Gold und prächtige Kleider,
    sondern was im Herzen verborgen ist, das sei euer unvergänglicher Schmuck: ein sanftes und ruhiges Wesen. Das ist wertvoll in Gottes Augen.“

    Das ist eine klare Absage an das Konzept dieses Artikels: die katholische Frau fällt dadurch auf, dass sie ein „homo cordis“ ist, ein „Mensch des Herzens“, nicht äußerlichem Tand nachläuft, so, wie man es der Frau immer zum Zeichen ihrer Dummheit und Unmündigkeit eingebläut hat, sondern dem geistigen Kleid.

    In meiner Kindheit warf man der katholischen Frau nämlich genau das vor: sie strebe bloß nach Äußerlichem und gehe nur in die Kirche, um ihren neuesten Hut spazierenzuführen. Und mit Verlaub: dieser Vorwurf war berechtigt.
    Man muss nicht jede historische Peinlichkeit wieder ausgraben.

    Das islamische Kopftuch ist ein politisches Bekenntnis zum Tiergehirn des Mannes und der Unterwerfung der Frau unter ein Wesen mit einem Tiergehirn.
    Das brauchen wir hier nun wirklich nicht auch noch im katholischen Glauben.

    Wir wollen außerdem nicht den öffentlichen Raum dominieren, denn sobald wir das anstreben, sind wir nicht mehr auf der Seite dessen, der genau dem abgesagt hatte und am Kreuz starb. Sein Reich ist nicht von dieser Welt – das sind seine Worte, die er wie ein vermächtnis vor seinem Tod gesprochen hat. Wer auf dieser Welt herrscht, steht Christus entgegen und ist im Pakt mit dem Bösen. Ich möchte mich mit einer gewissen Religion, die genau das tut, nicht auf eine Stufe stellen müssen.

    • …“oppositorum“ schreibt man mit 2 p, nichts für ungut. Aber bitte – man sieht, woher es pfeift bei Ihnen: die Ikone der Faschisten Carl Schmitt & Co hantierte damit so gerne, „zerebralen Katholizismus“ nannte das Hannah Arendt. Manche nennen es „Katholizismus ohne Glauben“. Ein Provinz-Katholizismus, der seinen Trachtenmodus und seine verbiestert-gewaltsamen politischen Ziele, seine ultrakonservative Verweltlichung ernster nimmt als die Offenbarung… (wie war das mit den Definitionen des Tridentinums und Vaticanums I zur heiligen Schrift? Hochmut der Konzile?)…

      Nee – mit diesem katholischen Unglauben hab nun ich „nichts am Hut“.

      Sie mögen Hüte tragen. Ich bleibe lieber gläubig – geistig meine ich.

  4. Natürlich haben wir Straßenkreuze (noch) und Fronleichnamsprozessionen (noch) und nehmen dafür den öffentlichen Raum in Anspruch.
    Schließlich leben wir hier im (noch) christlichen Abendland!
    Aber Christus sagt auch: „Mein Reich ist nicht von dieser Welt“ und deswegen zielt diese Inanspruchnahme nicht auf die politische Spähre.
    Der Islam aber will den höchst irdischen Islamischen Gottesstaat, auch für Deutschland.
    Bereits jetzt gibt es in meiner Stadt (gehört nicht zu den größten Städten Deutschlands) ein Viertel, in dem es keine normale Metzgerei mehr gibt, in denen in katholischen Kindergärten (!) keine Essen mit Schweinefleisch mehr angeboten wird und in dem die Polizei sich nur in Verstärkung hintraut. Das meine ich mit Beherrschung des öffentlichen Raumes.
    Neulich meinte Frau Claudia Roth – bei Hart aber fair – naja, man müsse ja nicht unbedingt Frauen die Hand geben…..wenn Muslime das nicht wollten…..usw.usw.
    In 20 Jahren werden sich auch katholische Mädchen ein Kopftuch anziehen, um nicht vergewaltigt zu werden.
    Aber Sie scheinen ja diese Entwicklung zu begrüßen.

  5. „….meine wissenschaftliche Beschäftigung mit dem Islam…“
    Nun sagen Sie mal, womit haben Sie sich denn da beschäftigt?
    Das islamische Kopftuch ist ein POLITISCHES Symbol, keine religiöses.
    (Es gibt mittlerweile überwältigend viel Aufklärungsmaterial über den Islam, da sollte auch etwas für Sie dabei sein).
    Der anerkannte Islamwissenschaftler Tilmann Nagel stellt fest: „Der Islam strebt nach der BEHERRSCHUNG DES ÖFFENTLICHEN RAUMES, deswegen ist Kopftruch, Hidschab u.ä. zu tragen. (Vortrag bei: Bibliothek des Konservatismus (auf youtube)).
    Oder, um es mit Pierre Vogel etwas platter und auf kölsch auszudrücken:
    „Ich freu mich immer, wenn ich ein Kopftuch sehe, dann weiß ich, die gehört zu uns.“

    UMFASSENDES KOPFTUCHVERBOT FÜR DEUTSCHLAND!

    • Äh… das katholische Christentum strebt ebenfalls nach der Beherrschung des öffentlichen Raumes.

      Die haben Unrecht und wir haben Recht; und die Methoden unterscheiden sich vielleicht auch: die Tatsache an sich aber nicht:

      die Wunschvorstellung des säkularen Menschen von einer Religion, die sich in ihre Privathäuser, Kirchenräume und Sakristeien verkriecht und nach außen ja nicht aneckt, und nur ja keinen Wahrheitsanspruch erhebt, kann auch und gerade vom Christentum nicht erfüllt werden.

      Konsequenterweise können wir den Moslems auch *das* nicht vorwerfen. (Wenn wir ihnen auch anderes vorwerfen können.)

      Und wenn das, was die Leute eigentlich meinen, wenn sie irgendwas sagen, „ich mag nicht, daß die Moslems religiös sind; die Christen nehmen ihren Glauben ja nicht ernst, aber die Moslems tun es, und das gefällt mir nicht“ – das dürfte bei vielen antiislamischen Statements dahinterstecken – dann ist auch das kein Vorwurf an die Moslems, sondern einer an uns: Wir müßten ein solches Unbehagen eigentlich ebenfalls erwecken…

    • Womit habe ich mich beschäftigt? Mit Qualitativen und Quantitativen Interviews mit muslimischen Frauen. Mit der narrativen Analyse ihrer selbsterstellsten Vlog-Beiträge.
      Diese jungen Frauen sind ungefähr so politisch, wie ihre christlichen Peers, nämlich so gut wie gar nicht und sie haben ein Problem: sie fühlen sich weder im (politischen) traditionalisierenden Islam mit seinem hasserfüllten Blick auf alles Schöne willkommen, noch in einer westlichen Kultur, in der Leute in Caps-Lock ihnen verbieten wollen, sich anzuziehen, wie es ihnen passt.
      Wir haben also die Wahl, ob wir nicht lieber jenen mit offenen Armen entgegentreten, die so entwurzelt zwischen den Stühlen sitzen und sie darin bestärken, ihren weiblichen und westlichen Islam weiterzuentwickeln, oder ob wir sie mit Ablehnung in die Arme der islamistischen Hetzer treiben. Aber so eine Differenzierung ist halt nicht prägnant genug für Caps-Lock.
      Als Feministin fühle ich mich auch durchaus berechtigt, mit solchen Vertreterinnen zu diskutieren, die ihre Verhüllung für eine feministische Maßnahme halten. Ich weiß nicht, in wie weit das so etwas wie eine bequeme Umdeutung ist – der man sich übrigens als feministische Katholikin gelegentlich auch schuldig macht.
      Im Übrigen nehme ich als Religionswissenschaftlerin wiederum die Äußerungen meiner Forschungsgegenstände ernst. Und während es durchaus Beispiele für politische Einsätze des Kopftuches gab/gibt – z.B. während des Irakkriegs, aber auch im Iran, höre ich auf der anderen Seite bei Muslimas meines Alters, dass sie das Kopftuch zu tragen angefangen haben, als sie entdeckten, dass sie an Gott glauben und ein muslimisches Leben führen wollen. Sie verwenden es also als Religiöses Reifezeichen und als Zeichen einer bewussten Entscheidung für die Religion – letzteres ist eine Idee, die im Islam nicht ganz selbstverständlich ist.
      Was den Niqab, die Burka oder andere lokalspezifische Verhüllungen angeht vermag ich nichts zu sagen, darüber hab ich nämlich nicht geforscht.
      Falls das jetzt alles zu lang war hab ich noch eine Kurzversion:
      CAPS-LOCK IST INDISKUTABEL UND KOPFTUCHVERBOTE AUCH

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