Donnerstag, 28. März 2024

Ein „Interview“ mit der Heiligen Edith Stein über Gender

Von und mit Hanna-Barbara Gerl-Falkovitz

Was würde diese große Intellektuelle und Heilige über die umstrittene “Gender”-Theorie sagen? Diese wird zwar verurteilt von allen Päpsten seit ihrem Aufkommen, von zahlreichen Kardinälen und Bischöfen sowie jüngst den Berichten der Familiensynode – auch dem der deutschen Gruppe. Aber Gender wird trotzdem von manchen Theologen und sogar in einer von der Deutschen Bischofskonferenz publizierten Broschüre vertreten, die behauptet, dass “Gender katholisch gelesen” werden könne.

Wir haben eine führende Expertin über Edith Stein gebeten, uns mit einem Interview mit der Heiligen und frühen Frauenrechtlerin weiter zu helfen. Hanna-Barbara Gerl-Falkovitz ist Professorin an der Philosophisch-Theologischen Hochschule Benedikt XVI. des Stiftes Heiligenkreuz im Wienerwald und Autorin mehrerer Bücher und Artikel zum Thema. Ihr Werk “Frau – Männin – Menschin: Zwischen Feminismus und Gender” erscheint noch 2015 als Topos-Taschenbuch.

CNA: Frau Doktor Stein, die Gender-Theorie erklärt, dass das biologische Geschlecht (sex) getrennt gesehen werden kann, ja muß, vom “sozialen Geschlecht” (gender). Stimmen Sie zu? Ist das mit dem christlichen Menschenbild vereinbar?

EDITH STEIN: Nein. „Daß die menschliche Seele eingesenkt ist in einen körperlichen Leib […], das ist kein gleichgültiges Faktum. […] Der Leib ist als solcher charakterisiert und von dem puren materiellen Körper, der ihn mitkonstituiert, dadurch abgehoben, daß alle seine Zustände und alles, was ihm widerfährt, gespürt wird oder doch gespürt werden kann. Alles Leibliche hat eine Innenseite, wo Leib ist, ist auch ein inneres Leben. Er ist nicht etwa ein Körper, der empfindet, sondern gehört als Leib notwendig einem Subjekt zu, das mittels seiner empfindet, dessen äußere Gestaltung er darstellt und das mittels seiner in die äußere Welt gestellt ist und gestaltend einzugreifen vermag, das seine Zustände spürt.”

CNA: Sie sind als Philosophin wie als frühe “Feministin” für die Gleichberechtigung von Frauen und Männer eingetreten. Freilich kamen Sie dabei ganz ohne das Wort “Gender” aus.

STEIN: Natürlich! “Keine Frau ist ja nur eine Frau”! Sie ist auch eine Frau. So wie ich schon über Henrik Ibsens „Nora“ schrieb: „Sie weiß, daß sie erst ein Mensch werden muß, ehe sie es wieder versuchen könnte, Gattin und Mutter zu sein.”

CNA: Was aber nicht heißt, dass Geist und Körper – wie es die gnostische Häresie und die Gender-Theorie beide behaupten – getrennt werden kann?

STEIN: So ist es. „Wovon wir ausgehen müssen, ist die Natur, die gegeben ist als weiblich oder männlich. […] Je höher man aufsteigt zur Verähnlichung mit Christus, desto mehr werden Mann und Frau gleich (Regel des hl. Benedikt: Abt = Vater und Mutter). Damit ist die Beherrschung durch das Geschlecht vom Geistigen her aufgehoben.”

CNA: Ich kann also unabhängig werden vom biologischen Geschlecht, aber nicht durch eine Ideologie wie Gender, sondern durch die Nähe zu Christus. Habe ich aber umgekehrt als Mann wie als Frau dann auch eine Bestimmung? Sogar eine Berufung?

STEIN: Ganz klar. Und dies ist nicht als Unterdrückung, sondern als Bestimmung mit vielen Möglichkeiten zu sehen, die frei zu gestalten sind: „Der primäre Beruf der Frau ist Erzeugung und Erziehung der Nachkommenschaft, der Mann ist ihr dafür als Beschützer gegeben. […] Bei der Frau [treten hervor] die Fähigkeiten, um Werdendes und Wachsendes zu bewahren, zu behüten und in der Entfaltung zu fördern: darum die Gabe, körperlich eng gebunden zu leben und in Ruhe Kräfte zu sammeln, andererseits Schmerzen zu ertragen, zu entbehren, sich anzupassen; seelisch die Einstellung auf das Konkrete, Individuelle und Persönliche, die Fähigkeit, es in seiner Eigenart zu erfassen und sich ihr anzupassen, das Verlangen, ihr zur Entfaltung zu verhelfen.”

CNA: Das mag für manche Feministinnen schwierig klingen. Wie wollen Sie das denn begründen?

STEIN: Na, eben in der Schöpfung selbst. Schauen Sie, nur Frauen können wirklich Mütter sein: „Als die weibliche Seelengestalt herausgestellt habe ich die Mütterlichkeit. Sie ist nicht an die leibliche Mutterschaft gebunden. Wir dürfen nicht von dieser Mütterlichkeit loskommen, wo immer wir stehen. Die Krankheit der Zeit ist darauf zurückzuführen, daß nicht mehr Mütterlichkeit da ist.”

CNA: Welche Krankheit meinen Sie?

STEIN: Eine sehr moderne; eine Selbstkonstruktion, die das eigene Dasein nur noch als Maskenspiel auf einer sinnlosen Bühne Ausdruck gibt. Doch schauen Sie, dafür gibt es eine befreiende, heilsame Lösung: „(Liebe) ist ganz Gott zugewendet, aber in der Vereinigung mit der göttlichen Liebe umfaßt der geschaffene Geist auch erken­nend, selig und frei bejahend sich selbst. Die Hingabe an Gott ist zugleich Hingabe an das eigene gottgeliebte Selbst und die ganze Schöpfung.“

Dieser Artikel erschien auf dem Nachrichtenportal CNA und darf mit freundlicher Genehmigung auf dem Cathwalk weiterverbreitet werden.

1 Kommentar

  1. Dieses Interview erscheint mir leider nicht befiredigend auf die tatsächlliche Problemkonstellation einzugehen.
    Ich habe das entsprechende Buch von Gerl-Falkovitz ebenso gelesen wie den Band in der neuen Edith-Stein-Werkausgabe mit dem Titel „Die Frau“ – beides treibt viel zu sehr an der Oberfläche. Edith Steins Ausrichtung ging allerdings in ganz andere Richtungen, und ihr Buch über Johannes vom Kreuz hat daher die wünschenswerte Genauigkeit und v.a. Tiefe, die aber allem zum Thema Frau eher fehlen. Man muss aber dazu anmerken, dass das nicht ihr eigentliches Forschungsthema war. Was sie zum Thema Frau sagte, ist eine Sammlung von Vortragsmanuskripten im „lebenspraktischen“ Umfled und daher sicher nicht ausgereift.

    Es geht hier schon damit los, dass die angeblich „schöpfungsgemäße“ Aufgabe von Mann und Frau eine Kompilation aus guter Ordnung und Sündenfolgen sind, die aber nicht differenziert gesehen werden. Es ist nicht – um ein Beispiel zu nennen – Aufgabe der Frau „Schmerzen auszuhalten“, sondern die Sündenfolge für Eva. Die Frau im Paradies hat selbstverständlich nicht die Aufgabe, Schmerzen zu ertragen! Diese Vermischung von guter Ordnung und Un-Ordnung nach dem Sündenfall wird hartnäckig und seit jeher vollzogen. Es gehört auch nicht in die Ordnungen Gottes, dass der Mensch gemäß einer bestimmung sterben soll – auch das ist Un-Ordnung und nicht Ordnung.

    Ein weiteres, großes Problem, ist die gnostische Abwertung des Frauseins durch die maßgeblichen Kirchenlehrer. Nach gnostischen Lehren (etwa im Thomas-Evangelium), aber genauso bei Augustin und dem hl. Thomas ist die Frau eine Missgeburt, ein missglückter Mann, selbstverständlich ohne die Würde des Menschseins, das der Mann vollkommen darstelle. Ihr einziger Daseinszweck ist der, dem mann „Gehilfin“ für sein großes zeugungswerk von menschen zu sein, wobei er, wenn er Mädchen zeugt, einer momentanen Schwäche unterliegt.
    Man kann das alles in „De trinitate“ ebenso lesen wie in der Summa.

    Das eigenständige Frausein ist nach diesen kirchlich präferierten Lehren eine satanische und unzulängliche „Nachäffung“ des Mannseins und gehört unterdrückt, möglichst sogar unsichtbar gemacht (daher die Verschleierung! – aber bis sich die Realität dieser schrecklichen Lehre endlich bei den Schleierträgerinnen durchgetrommetl hat, wird wohl noch viel Überzeugungsarbeit nötig sein!).

    Die Meinung, die Frau äffe das Menschsein als Mannsein nur nach und gehöre in die „Verborgenheit“ ist dominante kirchliche Tradition. Gerade die Kirche hat eben nicht die „Komplemantarität“ gelehrt – gerade sie nicht. Leider! Dies finden wir, wenn wir die Kirchengeschichte nüchtern und ohne falschen Enthusiasmus ansehen, auf jedem Abschnitt. Wenn etwas der hl. Franziskus behauptet, der „Satan“ habe nun, nachdem sie endlich von Ehefrauen befreit worden seien durch Gott, für „Schwestern“ gesorgt, und alle Frauen hätten ohnehin den „bösen Blick“, dann muss uns mit Bestürzung endlich die Wahrheit aufdämmern.

    Auch kirchlicher Frühgenderismus, der ab dem 16. Jh die Frau systematisch ersetzte durch Gesangskastraten und aus dem Kirchengesang radikal ausschließen wollte, mit den Kastraten allerdings eine „übergeschlechtliche“ Stimme erzeugen wollte, die dem Engelschor entspreche, ist von dem, was wir heute so vehement kritisieren am Genderismus, geistig nicht weit weg. Man bedenke, dass man zur Vereinnahmung des Weiblichen durch den Mann auch damals Männer „operierte“… und das selbst am päpstlichen Hof, obwohl das Kirchenrecht solches Kastrieren eigentlich schwer bestrafte… Immerhin sangen in der Capella sistina bald alle Frauenstimmen (zuvor eher durch Knaben ausgeführt) ausschließlich Kastraten. Man nannte die Kastraten „Homines tertii generis“ – „Menschen des dritten Geschlechtes“.

    Die frauenfreundlichen Traditionen der Evangelien und dort v.a. Jesu ebenso wie alles Egalitäre, was Paulus schrieb, dazu frauenhochschätzende Kirchenlehrer wie Cyprian oder Hieronymus wurden damit vom Lehramt fast immer zurückgewiesen oder unterdrückt – zugunsten der gnostisch argumentierende Kirchenlehrer.

    Mit ein paar saloppen Mythen um das, was die Kirche angeblich immer gelehrt habe und was man heute alles falsch macht, ist es also nicht getan.

    Die Kirche hat selbst das, was wir heute haben, mit Kirchenlehrern vorbereitet, deren problematische und irrige Behauptungen zwar fein unter den Teppich gekehrt werden, aber jeder Kundige weiß, was in Wahrheit immer gelehrt wurde bzw. sich durchsetzen konnte.

    So „verschleiert“ man die Wahrheit über diese innerkirchlichen Irrungen, und insbesondere im Tradilager lässt man diesen Wahnsinn wieder aufleben, einfach weil er „Tradition“ war. Auch Neokonservative sind offenbar nicht in der Lager, die Fragestellung ehrlich und umfassend aufzuarbeiten – ein echtes Desiderat also.

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